Mit dem Kat von Gibraltar bis zu den Kanaren

Präambel:
Ich wollte unbedingt Hochsee- und Schwerwetterfahrung mit der Lagoon 420 sammeln. Die Gelegenheit ergab sich mit einem Kojenangebot für 14 Tage innerhalb der ich die Strecke Gibraltar - Kanaren fahren wollte. Die eigentliche Strecke haben wir in 7 Tagen zurückgelegt. An Bord waren neben mir der deutsche Skipper Helmuth und die Schweizerin Priska. Beide verfügen über langjährige Hochseeerfahrung und sind mehrmals über den Atlantik. Kat-Erfahrung hatte aber nur Helmuth, der von Teneriffa dann bis Martinique weiter segeln wird.
Und dass man einen Katamaran anders als einen Monohull segelt habe ich erst hier erfahren. Meine bisherigen Ausbilder kamen alle vom Monohull-Segeln und hatten kaum Kat-Erfahrung.


Donnerstag 31. Oktober 2019-Anreise
Mit dem Flieger geht´s von Palma nach Malaga und dann mit dem Mietauto nach La Linea in die Marina Alcaidessa; direkt an der Grenze zu Gibraltar. 
Gleich am Beginn des Steges fällt mir ein Wrack von einem Holzschiff auf, dass - wie sich später herausstellt - einem Oberösterreicher gehört, der offensichtlich hier gestrandet ist, aber immer noch hofft, das Schiff seetauglich zu machen und über den Atlantik zu segeln.
Ein offensichtlich aussichtsloses Unternehmen an dem er sich aber festhält.






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Die nächste Überraschung ist die Lagoon 420. Helmuth hat dort totales Chaos und es steht sofort fest dass wir nicht wie geplant am 2. November abreisen werden.
Er repariert und repariert....;meine Koje ist auch nicht fertig und so lasse ich nur mein Gepäck hier, um gleich nach Gibraltar zu verschwinden.





Gibraltar
Von der Marina sind es 20 Minuten zu Fuß bis zum Grenzübergang. Mich überraschen die Grenzkontrollen bei der Einreise. Gibraltar gehört doch zu EU?
Gleich danach wird eine Rundfahrt mit dem Sammeltaxi angeboten, das ich buche.
Wirklich berauschend ist Gibraltar jedenfalls nicht. Bis auf den am Felsen liegenden Nationalpark mit den unvermeidlichen Affen ist jeder Quadratzentimeter verbaut. Das geht soweit, dass man gleich nach der Grenze nur durch Queren des Flugfeldes in die Stadt kommt. Wenn Flugzeuge landen heißt es eben zu warten.
Beeindruckend sind neben dem Ausblick auf die Straße von Gibraltar auch die Tropfsteinhöhlen und die nette und typisch britische Innenstadt.
Wenn der Flieger landet seht alles an der Grenze
Die Straße geht über das Flugfeld












Zurück am Boot

Am Freitag schaut fast alles noch genauso aus wie bei der Ankunft. Ich beschließe einzugreifen und wenigstens meine Kabine und die Kabine von Priska sauber zu bekommen, gehe Helmut zur Hand und mache eine Inventur der Lebensmittel, um morgen mit Priksa die notwendige Ergänzungen zu kaufen.
Lebensmittel sind für zwei Atlantiküberfahrten am Schiff. Alles ist desorganisiert und statt seine Arbeit endlich fertig zu machen beginnt Helmuth auch noch in der Küche die Fläche abzuschleifen und zu lackieren. Mir schwant Böses und ich verziehe mich vorerst wieder nach Gibraltar.
Gottseidank kommt Priksa am Samstagnachmittag. Sie ist vom Chaos genauso geschockt wie ich und überlegt- wie sie mir später erzählt - sofort wieder abzureisen. Wir verstehen uns aber gut und so bleibt sie. Beide versuchen wir nun soweit Ordnung ins Schiff zu bekommen, dass wenigstens der Saloon und das Heck frei von herumstehendem Werkzeug, Farben und Lebensmittel wird. Das meiste landet dann in der freien Bugkabine und ist zumindest weitgehend aus dem Auge.
Bereits jetzt stellt sich heraus, dass Helmuth offensichtlich zwar ein guter Segler, aber sonst ein unsäglicher Schwätzer ist, der sich außerdem dauernd wiederholt, sich als den perfekten Handwerker sieht, obwohl alles rundherum nach Pfusch ausschaut. Was immer er angreift zieht zuerst einmal einen neuen Schaden nach sich. Und er hat noch einige Tage an Reparaturen vor sich.
Noch dazu sind die Wetteraussichten ziemlich schlecht. An eine Abfahrt ist auch aus diesem Grund nicht zu denken. Wir helfen wo wir können.


Das Beiboot wird repariert






















Die Reparatur zerstört den Boden endgültig und wir entsorgen das Boot.

Der täglich Blick auf den Wettervorhersage von "Windy" zeigt uns, dass wir erst am Dienstag eine Chance haben wegzukommen.
Allerdings ist für Donnerstag trotzdem heftiger Wind am direkten Weg nach Lanzarote (unser erste Ziel) zu erwarten. Wir entscheiden uns daher, statt Lanzarote direkt La Gomera anzupeilen und so das Schlechtwettergebiet in seinen westlichen Ausläufern nur zu streifen.


Der Abend vor der Abfahrt

Dienstag, 5. November/ Endlich Abreise
Zuerst geht es Mittags eher gemütlich aus der Marina. Der Wind steht gut,sodass wir gleich die vollen Segeln (Groß und Fock) setzen und damit die Straße von Gibraltar durchqueren. Am Nachmittag brauchen wir bereits den Motor zusätzlich, weil der Wind einschläft. Erst in der Nacht setzt dieser wieder ein und wir drehen auf Halbwindkurs Richtung Süden. Bis Mittwoch geht es abwechselnd unter Motor oder Segel so weiter. 

Wir verlassen Gibraltar
Erste Erfahrung: Am Kat wird kaum bis gar nicht mit der Großschot gearbeitet, sondern das Großsegel nur über den Traveller verstellt. Ich habe bisher immer beide eingesetzt.
Am Donnerstag wird´s - wie vorausgesagt - heftig und für mich endlich interessant. Wir ziehen das 1. Reff ins Großsegel, um die Segelfläche zu verkleinern.
Bis zur Ankunft in La Gomera haben wir praktisch durchgehen zwischen 5 bft-7 bft von hinten und Wellen zwischen 3 und 5 Meter. 
Zweite Erfahrung:
Der Kat läuft mit raumen Wind selbst bei dieser Stärke und der hohen Welle fast wie auf Schienen. Die Krängungsbewegungen sind minimal. Auf einem Monohull würden wir dauernd von links nach recht schwanken. Obwohl mir zeitweise die Wellen von oben ins Gesicht schauen fühle ich mich nie unsicher. 30-40 kn (50 km/h bis 70 km/h) Wind sind schon heftig, verlieren aber mit der Erfahrung ihre Bedrohlichkeit. Vor allem wenn dieser von hinten kommt. Gegen den Wind bzw hart am Wind wäre das deutlich härter bis unmöglich.
Dritte Erfahrung:
Das Großsegel braucht man am Kat eigentlich nur für" Am Wind-Kurse" (also etwa im Winkel von 35 bis 40 Grad zum Wind) oder bei Halbwindkurs. Je raumer (von hinten so an 120 Grad) der Wind kommt verzichtet man dann auf das Großsegel und fährt nur mehr mit dem Vorsegel (Fock, Genua Spinnacker..). Das Großsegel würde sonst den Wind zum Vorsegel abdecken und diesen bekäme nicht den notwendigen Zug nach vorne.
Ein Kat hat dafür einen Nachteil. Hart am Wind muss man viel zu oft kreuzen und macht kaum Strecke gut. Die meisten Skipper fahren daher gegen den Wind unter Motor. 



Der erste Sonnenuntergang bei noch realativ ruhiger See

Wenn die Welle von oben auf dich schaut



Die Tage vergehen im Rhythmus der Wache. Jeder hat 3 Stunden. Um 20 :00 beginnt meine erste Nachtwache und um 5;00 die zweite und in diesem Rhythmus geht's weiter. Dazwischen Staunen über die Gewalt des Windes und der Wellen, schlafen, lesen..Mir wird klar: Langfahrten sind nicht Meines, zu wenig Bewegung und eher langweilig, obwohl gerade der Starkwind immer wieder mein Interesse weckt und mich erstaunt wie elegant der Katamaran durchs Wasser gleitet.
In der Nacht von So auf Montag wechseln wir an der Nordwestspitze Teneriffas den Kurs Richtung Süd nach San Sebastian/Gomera.
Nach  6 Tagen sehen wir wieder Land voraus. Zwischen Teneriffa und La Gomera erwischt uns nochmals heftig die Düse mit 40 kn Wind.
In San Sebastian haben wir einen Marinaplatz gebucht, müssen aber vor der Hafeneinfahrt noch einige Zeit unter Motor kreuzen bevor wir die Genehmigung zur Einfahrt erhalten. Auch in der Marina bläst der Wind immer noch fast 30 kn und das Anlegemanöver wird eine Herausforderung; noch dazu wo nur ein Marinero mit dem Beiboot den Kat gegen den Wind halten kann und das macht er auch noch falsch. Da kein weiterer Marinero am Steg ist springe ich rüber und übernehme von Priska die erste Spring um Stabilität ins Boot zu bekommen. Wir brauchen letztlich eine Stunde, um das Boot richtig zu vertäuen und das Anlegemanöver mit einem Manöverschluck abzuschließen.

Zufälligerweise liegt am Steg direkt neben uns ebenfalls eine Lagoon 420, die Kai, einem alten Freund von Helmuth gehört und der damit seit einem Jahr!! in San Sebastian liegt. Er ist ein alter Skipper-Profi, der uns dann auch noch beim Festmachen hilft.
Ich sehe gleich, dass diese Lagoon Extraklasse ist und er lädt mich und Priska nächsten Tag zu Besichtigung ein.

Dienstag, 12. November - einmal Rund um La Gomera
Ich kenne Gomera schon von meinem Wanderurlaub im April letzten Jahres. Cristina und ich haben damals im Valle Gran Rey in La Calera gewohnt und von dort die Insel erwandert.
Es ist eine gute Gelegenheit, der Gegenwart von Helmuth zu entkommen und Priska und ich genießen den Ausflug mit dem Mietauto. 
Hier einige Bilder: Wer mehr von unserer letztjährigen Wanderung über La Gomera lesen will kann den Blog aus dem Archiv abrufen.








Gegenüber von uns liegt am gleichen Steg die "foodloose". Elisabeth und Markus sind aus Kottingbrunn und wir haben uns bereits in Alicante einmal kurz gesprochen. Nun treffen wir sie hier wieder kurz vor deren Sprung über den Atlantik in die Karibik. Beide haben sich ein Jahr Auszeit genommen Aufgrund der heftigen Überfahrt hat sich Elisabeth allerdings entschlossen lieber zu fliegen. Markus wird mit zwei Freunden dann alleine über den Atlantik gehen.
Wir tauschen die Kontaktdaten aus und versprechen in Kontakt zu bleiben. Sie schreiben auch einen Reiseblog und so kann ich künftig auch ihre Reise verfolgen.

Am späten Nachmittag besichtige ich Kai's Lagoon und komme aus dem Staunen nicht heraus. Das Schiff ist - wie meine Lagoon - BJ 2009, aber er hat nach eigenen Angaben rd € 300 tsd zusätzlich investiert. Dieselgenerator, Hydrogenerator, Windgenerator und 2300 WPS Solarzellen sorgen für die Stromversorgung und völlige Unabhängigkeit vom Landnetz. Jeder Platz im Boot ist perfekt mit zusätzlichen Möbelergänzungen genützt. Dazu noch Joysticksteuerung vom Saloon aus und und und.. Alles ist auch professionell verarbeitet. Einige Ideen sind auch bei mir ohne großen Aufwand umzusetzen. 

Mittwoch 13. November - letzte Etappe nach San Miguel/Teneriffa
Kurz vor Mittag laufen wir aus. Außerhalb der Marina erwischt uns wieder die Düse mit 7 bft aus NE

Das Wasser spritz bis zur Frontscheibe!
bis wir 2 Stunden später wieder in der Abdeckung von Teneriffa sind und der Wind wieder einschläft. Motor an und Fock runter. Um 18:00 sind wir schließlich in der Marina. Diese ist einfach scheußlich und auch die Umgebung schaut nur nach billigem Tourismus aus. Na ja. Ich zähle nun die Stunden bis das Ganze ein Ende nimmt.

Donnerstag, 14. November - mit dem Mietauto in den Nationalpark "Teide" und zurück
Der Nationalpark gleich einer Mondlandschaft und ist weitgehend eigentlich die Caldera des nicht mehr aktiven Vulkans, was durchaus seinen Reiz hat; ist für mein Empfinden sonst aber nicht besonders aufregend. Wir verzichten darauf, mit der Seilbahn auf den Teide zu gondeln, sondern fahren weiter bis in die Stadt "La Ortova", die als schönste Stadt Teneriffas gilt. Umwerfend ist auch diese nicht gerade. 





Haus der Balkone in La Ortova



Freitag, 14 November - nochmal in den Nationalpark
Priska reist ab und ich unternehme den letzten Ausflug in den westlichen Nationalpark, um den Berg "Teno" herum.
Erstmals gefällt mir etwas an Teneriffa. Über eine extrem kurvige Straße und Spitzkehren geht's bei Regenwetter entlang grüner Steilhänge nach oben und dann wieder runter an die Küste.
Am Weg liegen vereinzelt Häuser und das Bergdorf "Masca", das sich an die steilen Hänge schmiegt und über eine abzweigende, noch extrem engere Straße zu erreichen ist. Ich verzichte darauf, bei diesem Regen das Dorf zu besichtigen und lasse es links liegen.
Zurück an der Küste holt mich die Unscheinbarkeit der Insel wieder ein. Ich beschließe nun die Insel zu umrunden, um vielleicht noch irgendwo einen Flecken zu finden, der mir gefällt. Aber außer hässlichen Dörfern, mit Betonwänden ummauerten Bananenplantagen oder Städten mit billigem Massentourismus finde ich nichts was mich beeindrucken könnte.

Bananenplantagen hinter Mauern

Um den Teno herum

Um den Teno herum
Letzter Tag - es wird nochmals interessant
Beim letzten Rundgang durch die Marin fällt mir die Replikation eine phönizischen Holzschiffes auf. Das Schiff schaut sehr mitgenommen aus. Überall wird noch geschraubt und gebohrt. Als ich dann feststelle, dass Lebensmittel gebunkert werden erfahre ich, dass man sich für die Atlantiküberquerung vorbereitet. Ich kann es kaum glauben. An Bord sind ein paar junge Menschen, die das Schiff ohne Radsteuerung lenken wollen. Selbstverständlich gibt es auch keinen Autopiloten. Das erfordert auf dieser langen Strecke enormen Kraftaufwand. Keiner der Beteiligten schaut aus als ob er diesen Kraftaufwand einen Monat durchhalten kann. Jedenfalls ist das ein Projekt (www.PhoeniciansBeforeColumbus.com) mit dem man beweisen will, dass die Phönizier bereits 2000 Jahre vor Kolumbus Amerika erreichten. 












Kommentare

  1. Teneriffa hast du in deinem unnachahmlichen Stil wirklich gut beschrieben. Ebenso die "Fadesse" auf Langtörns. LG und Fair Winds

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  2. Voriger Kommentar: Konnte mich nicht mit meinem Google Kto anmelden, daher jetz mit LG Othmar

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