Malta: eine Winterreise in die Vergangenheit

Wir überwintern mit unserem Katamaran in Malta und nützen die Zeit, um das Landesinnere und die Geschichte kennen zu lernen.

Ursprünglich wollten wir in Sardinien in Marina di Ragusa überwintern, aber als wir nach Malta kamen haben wir umentschieden und beschlossen hier in der Roland Marina zu bleiben. Sizilien werden wir dann von Malta aus erkunden.

Auf den ersten Blick ist Malta ein schroffes, steiniges Land mit einer wehrhaften Geschichte, die sich auch in der Architektur immer wieder spiegelt. Der arabische Einfluss ist vor allem in den umbauten Balkonen sichtbar und in der Sprache der Malteser hörbar.

Auf den zweiten Blick fallen uns die Menschen auf.

Ebenfalls unter dem Einfluss unterschiedlicher Völker, die seit der Antike bis 1960 Malta bewohnten oder beherrschten, hat sich ein sehr sympathischer Menschenschlag herausgebildet. Auf all meinen bisherigen Reisen sind mir noch nie so freundliche Menschen begegnet.

Die Hilfsbereitschaft ist allgegenwärtig. Auch im kleinsten Dorf werden wir auf offener Straße begrüßt. Oder am Weg zum Gashändler sehen mich zwei Männer mit einem Pickup die Gasflaschen schleppen, bleiben stehen und bieten an, mich damit zum Gashändler zu bringen. Und schon sitze ich dankbar im Pickup und man will mich sogar mit den gefüllten Flaschen wieder in die Marina zurück fahren. Wo passiert einem so was schon?

Wir steigen in einem vollen Bus und sofort stehen jüngere Leute auf und bieten ihren Platz an.  Ich lehne dankbar ab; dazu fühle ich mich noch nicht alt genug. Freundliche Begrüßung und Verabschiedung im Supermarkt sind der der übliche Standard.

Trinkgeld wird oft gar nicht angenommen. In Restaurant lässt man einfach beim Verlassen etwas am Tisch zurück. Selbst die schwarzen Boys der Marina, die sehr wenig verdienen, lehnen Trinkgeld ab, wenn sie mir ein Paket übergeben und die Wäsche zur Reinigung abholen und wieder bringen. Man muss es Ihnen richtig aufdrängen. Ebenso beim Friseur oder Fußpfleger. Ein Erstaunen huscht über die Gesichter, wenn man den Betrag aufrunden will und es wird höflich mit einem "no, no" abgelehnt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich der eine oder andere sogar beleidigt fühlen könnte.

Gleichzeitig sind die Menschen diszipliniert und verlässlich. Der Handwerker kommt zum ausgemachten Termin tatsächlich. Selbstverständlich halten sich 99 % auch an die Anfang Dezember wegen der Omikron-Variante eingeführte Maskenpflicht. Dass das ganze Land auch sehr sauber ist muss ich auch als Besonderheit erwähnen. Im Mittelmeerraum kenne ich nur mehr Kroatien als vergleichbar sauberes Land.

Kommt man aus Sizilien, das nur 80 km entfernt liegt glaubt man hier in einer völlig anderen Welt zu sein.

Wir haben uns mit einem außergewöhnlich spannenden historischen Roman "Asha - Sohn von Malta" von David Ball in die überall sichtbare Geschichte des Spätmittelalters und der Renaissance eingelesen und sind den Spuren des Romans gefolgt. Zentrum des Romans sind die Johanniter und deren Orden (auch Malteserorden), sowie deren Kampf gegen die Türken, die letztlich besiegt werden konnten. 

Die zentralen Städte dieser Zeit sind Mdina und Birgu, die beiden Hauptstädte vor Valletta, das erst nach Ende der Belagerung 1565 gegründet wurde und seit 1571 Hauptstadt ist.

Valletta und Umgebung

Valletta wurde nach den damals modernsten Gesichtspunkten des Städtebaues und der Befestigungstechnik aufgebaut. Im rechten Winkel zueinander gelegene Straßen und Gassen und die gewaltigen Mauern prägen den Grundriss. 

Die Stadt ist wirklich sehenswert und nicht umsonst auf der Liste des UNESCO Welterbes eingetragen. 

Gar nicht ins Bild passen die entlang des nördlichen Hafens direkt an Valletta angrenzenden, ineinander übergehenden und später gegründeten Städte Msida, Ta'xbiex, Gzira und Sliema. Es sind die Wohnstädte Hotel- und Einkaufsvierteln der Umgebung.

Valletta selbst hat ja nur 5800 Einwohner auf 0,8 km2. Im direkten Umfeld leben aber mehr als 300.000 Menschen. 

Auf der Südseite des Grand Harbour - direkt gegenüber Valletta - befinden sich hingegen die alten und sehenswerten Städte Birgu (Vittoriosa), Senglea und Cospicua, wobei diese auch eine zentrale Rolle bei der Verteidigung gegen die Türken spielten. Auch diese Städte sind aber heute überwiegend von der Architektur der Renaissance geprägt.









Birgu war der erste Sitz des Johanniterordens, der nach der Vertreibung aus Rhodos und Zypern lange Zeit keine Heimat hatte und dem die Insel vom spanischen König Karl V 1530 als Lehen übergeben wurde. Das mächtige Fort St. Angelo wurde ausgebaut und befestigt. Der Orden lebte in seiner eigenen Welt und war bei den Maltesern wenig beliebt, obwohl diese damals bereits überwiegend katholisch waren. Diese, wie auch die angesiedelten sizilianischen Adelsfamilien wurden als Fremde Herrscher von der bäuerlichen Bevölkerung abgelehnt.




Mdina, die alte Hauptstadt wurde schon von den Phöniziern und später von den Römern besiedelt. Heute ist sie immer noch mittelalterlich geprägt und insgesamt ein einzigartiges städtebauliches Museum. Es leben dort nur mehr 250 Einwohner innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern. 

Das Stadttor von Mdina wird übrigens in der ersten Staffel der US-amerikanischen Fantasy-Fernsehserie Game of Thrones als Stadttor der Hauptstadt Königsmund verwendet.







Rabat heißt die Stadt außerhalb der Mauern von Medina und ist vor allem durch seine sich über 10.000 m2 erstreckende Nekropole bekannt, die als Grabstädte für Juden, Römer und Christen Verwendung fand.





Etwas enttäuscht sind wir von den Möglichkeiten zu wandern. Wanderwege sind selten und auch nicht ausgeschildert. Das gilt auch für Fahrradwege. Der öffentliche Verkehr hingegen ist perfekt organisiert. Wir bereisen die Insel weitgehend mit dem Bus.

Marsaxlokk - das idyllische Fischerdorf

In der Bucht vor Marsaxlokk landeten 1565 die Türken mit 40.000 Mann und unzähligen Schiffen, die neben Männern und Waffen auch Tonnen an Lebensmittel transportieren mussten, da Malta ein derartiges Truppenkontingent nicht versorgen konnte. Von hier aus zogen die Türken in die damals noch unbewohnte Marsa und errichteten das Feldlager für den Angriff. Dieser konzentrierte sich zuerst auf das Fort St. Elmo (heute Teil des erst nach dem Krieg gegründeten Valletta) und nach dessen verlustreicher Eroberung auf das durch das Fort Angelo befestigte Birgu. Den türkischen Truppen standen nur 9000 Verteidiger gegenüber, die von den Johannitern unter deren Großmeister "Jean Parisot de la Valette" angeführt wurden. Nach 3 Monaten Belagerung wurden schließlich die Türken nach erheblichen Verlusten auf beiden Seiten vertrieben.

Marsaxlokk ist heute wohl einer der idyllischsten Ortschaften Maltas und bekannt für seinen Fischmarkt. Wie aus einem Bilderbuch ist die Bucht entlang der Hafenpromenade gefüllt mit farbenbunten Fischerbooten. Geschäftig wechseln auf der Hafenpromenade Restaurants und Fischer, die ihre Boote reparieren oder zu den vor Anker liegenden Booten übersetzen. Man kann dem lebendigen Treiben stundenlang zusehen und dabei entspannt in einem der Restaurants ausgezeichnet essen und ein paar Gläser maltesischen Wein genießen.






Malta und Gozo als Segelrevier (siehe dazu auch den Blog Rund um Malta und Gozo)

Für einen Fahrtensegler ist das Revier um Malta und Gozo schnell erforscht und bestenfalls für einen Wochencharter geeignet. Es gibt zwar einige sehr schöne Buchten aber auch viele, die von modernen Städten umgeben sind. Nicht das, was wir gerade suchen. Mehr zum Revier findet ihr in den früheren Blogs 

Würden wir nochmals hier überwintern?

Nein. Für einen monatelangen Aufenthalt sind Malta und seine Nachbarinsel Gozo nicht attraktiv genug. Aber das haben wir auch schon vorher gewusst und werden daher in der Folge nach Rom und Sizilien reisen, bevor wir zum Saisonbeginn wieder zurückkommen und weitersegeln.

Aber das ist eine andere Geschichte.








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